Sphaerichthys
vaillanti, der rote Schokoladengurami
erschienen in:
AMAZONAS Süßwasseraquaristik-Fachmagazin, Nr. 1 September/Oktober
2005 S. 52-60
Im Herbst 2003
gelangten erstmals kommerzielle Importe dieser wunderschönen
Fische nach Deutschland. Erstaunlich, wie lange die Einfuhr einer
so farbenprächtigen Art auf sich warten ließ. Nach Japan und
Taiwan sind bereits früher Importe erfolgt. Ein Grund ist, dass
dort die Aquarianer bereit sind, mehr Geld für außergewöhnliche
Fische auszugeben. Und bei den roten Schokoladenguramis handelt es
sich um solche Kostbarkeiten!
Schokoladenguramis
Der bekannteste
Vertreter dieser Gattung ist Sphaerichthys osphromenoides
Canestrini, 1860. Diese Art kommt auf dem malaiischen Festland,
auf Sumatra und West-Kalimantan vor. Sie lebt dort in
Schwarzwasserbächen und Gräben sowie Teichen und Sümpfen. S.
osphromenoides ist in fast jedem Schwarzwassergebiet zu finden
und wird als einzige Art der Gattung regelmäßig für die Aquaristik
importiert. Allerdings möchte ich nicht wissen, wie wenige der
häufig eingeführten Tiere eine längere Zeit überleben. Vom
Fundortwasser werden sie an das Wasser des Zwischenhändlers
gewöhnt, dann werden sie zum Exporteur gebracht mit erneut anderen
Wasserwerten. Der Großhändler in Deutschland, der Einzelhändler
und der Käufer setzten sie immer wieder in Wasser anderer
Zusammensetzung. Zusätzlicher Stress, kaum oder gar kein Futter
sind weitere Faktoren, die die Hinfälligkeit der
Schokoladenguramis erklären.
Alle Sphaerichthys-Arten gelten als heikel und
krankheitsanfällig. Haben sich die Tiere erst einmal eingewöhnt,
handelt es sich um ausdauernde Pfleglinge.
Mit einer Gesamtlänge von knapp 6 cm ist S. osphromenoides
ausgewachsen.
Nur 4 beschriebene Arten
Aufgrund der eng
begrenzten und schlecht zu erreichenden Verbreitungsgebiete werden
die anderen Arten der Gattung nur sporadisch für die Aquaristik
importiert.
Neben S. osphromenoides sind weitere drei Sphaerichthys-Arten
wissenschaftlich beschrieben worden:
Sphaerichthys
selatanensis Vierke, 1979 ist aus Zentral-Kalimantan, im
Südosten Borneos beschrieben worden. Diese Art kommt dort
ebenfalls in Schwarzwassergebieten vor. Die Pflegeansprüche
gleichen denen von S. osphromenoides. Mit einer Gesamtlänge von 5
cm ist sie die kleinste Art der Gattung.
Sphaerichthys
acrostoma Vierke, 1979
kommt aus dem gleichen Gebiet wie S. selatanensis und soll nicht
sehr häufig sein. Sie ist mit einer Gesamtlänge von fast 10 cm die
größte Art der Gattung.
Sphaerichthys
vaillanti Pellegrin, 1930 war lange Zeit ein Phantom in
der aquaristischen Praxis. Liebhabern von Labyrinthfischen war der
Name geläufig, weitere Informationen außer der Erstbeschreibung
gab es jedoch nicht. Aus der Erstbeschreibung ist die
Lebendfärbung nur teilweise zu entnehmen. Pellegrin spricht zwar
von einem dunklen, kupferfarbenen Rot und einer silbrigen Linie
auf der Körpermitte. Dies entspricht jedoch nur der
Männchenfärbung. Die unterschiedliche Weibchenfärbung wird nicht
erwähnt.
Zwar berichtete Roberts in seinem Buch über die Fische des Kapuas,
dass er S. vaillanti dort gefangen hatte, listete diese
jedoch lediglich auf. Es gab hier weder eine Abbildung noch
weitere Informationen zur Gestalt und Farbgebung der Fische.
Fundorte
Als Oliver Perrin 1996
über seine abenteuerliche Reise an den mittleren Kapuas in
Kalimantan Barat, West-Kalimantan in der DATZ berichtete, wurden
erstmals Fotos dieser außergewöhnlichen Fische abgebildet.
Die roten Schokoladenguramis konnte Perrin in der Nähe von Semitan
in einem pflanzenfreien Bach fangen. Mangels Messinstrumenten
konnten keine Wasserwerte genommen werden. Der Fluss war breit,
ca. 3 Meter tief und relativ warm.
Zum Verbreitungsgebiet dieser Art gehört auch das Danau Sentarum,
ein großes, mooriges Seengebiet, welches ebenfalls am mittleren
Kapuas liegt. Hier liegt der pH-Wert zwischen 4 und 5,5.
Auf einer Reise im
Jahre 2001 zum Kapuas konnten mein Begleiter Rudolf Moeschke und
ich den westlichsten von Roberts genannten Fundorten von S.
vaillanti aufsuchen. Hier handelte es sich um den Sungai
Tekam, einem rechtsseitig vom Kapuas gelegenen Klarwasserfluss,
ca. 5 km flussaufwärts von Sintang. Leider konnten wir S.
vaillanti dort trotz intensiver Bemühungen nicht nachweisen.
Allerdings war der Bach in dem befischten Bereich bereits leicht
eutrophiert. Hier wurden Ananasfelder bewässert und vermutlich
gedüngt. Zusätzlich wurden durch Anwohner Haushaltsabwässer in den
Bach geleitet, wodurch teilweise starke Algenpolster entstanden
sind. Leider konnten wir vor Ort mangels Ausrüstung keine Nitrat
bzw. Sauerstoffmessungen vornehmen.
Folgende Wasserwerte
konnten wir jedoch feststellen:
Sungai Tekam |
Einzugsgebiet
Kapuas |
West Kalimantan |
04.10.2001 |
11.00 Uhr |
Temperatur 27 °C |
pH-Wert 5,6 |
Leitfähigkeit 25
µS/ccm³ |
Der pH-Wert und die
Temperatur wichen von Roberts Angaben ab. Er hatte hier 1976 einen
pH-Wert von 6,5 bei einer Temperatur von 25 °C gemessen.
Es handelte sich um
einen kleinen, relativ schnell fließenden Bach mit
bernsteinfarbenem Wasser. Der Bach war ca. 2 Meter breit und
zwischen 50 und 80 cm tief. Der Untergrund bestand aus kleinen
Kieseln mit sandigen Stellen in den ruhigeren Randbereichen. Auf
dem Grund lagen Blätter und Äste. Große Bereiche des Baches wurden
durch Bäume beschattet. Zumindest auf einer Distanz von etwa 3 km,
der wir im Wasser dem Bach folgten. In wenigen sonnigen
Abschnitten wuchsen zwei Cryptocoryne-Arten. Das Ufer hatte
teilweise an einer Seite einen Prallhang, unter dem mehrere
Fischarten zwischen emersen Pflanzenwurzeln standen. Erstaunlich
war die Artenzahl der Fischräuber. Wir konnten neben Nandus
nebulosus und Pristolepsis grooti, Luciocephalus
pulcher und Channa lucius fangen. Weiterhin kamen 2
Rasbora-Arten, Rasbora ennealepis und Jungfische einer
unbestimmten Art, Eirmotus octozona sowie
Hemirrhamphodon kapuasensis vor.
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Erste negative Erfahrungen
Die
Überschrift sagt es schon. Meine ersten Erfahrungen waren nicht
gerade positiv. Ich erhielt vor ein paar Jahren 5 Tiere von einem
Züchter während einer IGL-Tagung. Zuhause angekommen habe ich das
Wasser aus dem Beutel mit einem Luftschlauch tröpfchenweise an die
Wasserwerte meines Aquariums angepasst. Dieses hatte eine Größe
von 200 Litern und war relativ dicht bepflanzt. Die zuvor darin
längere Zeit gehalten und gezüchteten Poecilocharax weitzmani
mussten umziehen. Nachdem die roten Schokoladenguramis etwa zwei
Wochen hervorragend aussahen, bekamen sie eine bakterielle
Infektion und starben. Ich vermute, dass die roten
Schokoladenguramis besonders anfällig für Bakterien waren, weil
der Züchter sie ständig unter UV-Licht gehalten hatte. Trotz
vorheriger Hinweise, hatte ich nicht damit gerechnet. So musste
ich längere Zeit ohne die roten Schokoladenguramis leben.
Als ich
dann vor 2 Jahren das Angebot bekam, erneut Tiere zu erhalten, war
ich begeistert. Von Aquarium Dietzenbach erhielt ich 10 große,
gesunde Tiere. Hierfür nochmal meinen herzlichen Dank, auch an
Hans-Georg Evers für die Vermittlung! Leider waren es neun
Weibchen und ein Männchen. Die Tiere kamen in ein 45 Liter
fassendes, neues Aquarium.
Fundortvarianten oder
Farbvariationen der roten Schokoladenguramis?
Von den 9 Weibchen, die
ich erhalten hatte, wichen zwei in Gestalt und Färbung von den
anderen Weibchen ab. Der Körper ist insgesamt lang gestreckter und
weniger hochrückig. Die silbrige Linie ist wie bei den Männchen
vorhanden, aber weniger ausgeprägt. Die roten Querstreifen sind
blasser und schmaler als bei den anderen Tieren, bei denen auch
die Grünfärbung zwischen den roten Querstreifen dunkler ist.
Jüngere Weibchen und auch einige meiner Nachzuchten haben statt
der grünen Querstreifen sehr dunkle Längsstreifen, die deutlicher
hervortreten, während die Rotfärbung wesentlich blasser ist.
Norbert Neugebauer
schickte mir Fotos von Nachzuchten von Oliver Perrin. Diese
Weibchen haben 5 unregelmäßige, fast schwarze Blockstreifen
(Original N. Neugebauer).
Auch die Männchen können unterschiedlich aussehen. Auf einer
japanischen Homepage sind Bilder eines Männchens, das keine weißen
Flecken in der Schwanzflosse zeigt.
Stammen die unterschiedlichen Varianten von verschiedenen
Fundorten? Ich weiß es nicht. Dagegen spricht, dass ich
unterschiedliche Tiere von Aquarium Dietzenbach erhalten habe.
Dafür spricht, dass bei meinen Nachzuchten nur Weibchen von 2
Varianten und Männchen der einen Variante auftauchen.
Ein weiterer Rückschlag
Eine Woche nachdem ich
die S. vaillanti erhalten hatte, passierte die Katastrophe
schlechthin. Das Männchen war gestorben. Vermutlich stressbedingt
durch die große Weibchenanzahl und das relativ kleine Aquarium.
Glücklicherweise hatte Aquarium Tonndorf in Hamburg ebenfalls
Tiere erhalten. Dort gab es mehr Männchen, perfekt! Ich tauschte
2:1 und bekam zwei Männchen. Vorsichtshalber setzte ich diese in
ihre zukünftigen Aquarien, jeweils ein 200 Liter fassendes Becken.
In einem dieser Aquarien befanden sich zuvor Sphaerichthys
osphromenoides, die wir vom Kapuas Fluss mitgebracht hatten,
mit zwei Generationen Nachzuchten. Auch wenn ich es bedauerte, die
S. osphromenoides mussten den S. vaillanti weichen.
Das Aquarium und die
Wasserwerte
Um S. vaillanti
und auch die andere Arten der Gattung dauerhaft halten und
möglichst auch züchten zu können (für reine Schauaquarien sind die
Tiere zu wertvoll), sind große Aquarien vorteilhaft. Die Tiere
mögen viele Versteckmöglichkeiten, um sich zurückziehen zu können.
Ob das Aquarium reichlich bepflanzt wird und/oder die
Rückzugsmöglichkeiten in Form von Wurzeln und Steinen geschaffen
werden, ist für die Fische ohne Belang. Hier bietet sich die
Möglichkeit, gereinigtes Laub in Form von Eichen- oder
Buchenblättern bzw. Seemandelbaumblättern einzubringen. Als
Bodengrund eignen sich Kies oder Sand, die keinen Kalk enthalten
dürfen. Der Kies sollte nur nicht zu grobkörnig sein, da sich hier
schnell Fäulnisherde durch abgestorbenes Futter bilden können.
Sofern heller Sand gewählt wird, ist das Aquariumwasser mittels
Torf-, Erlenzapfenextrakt oder ähnlichen Stoffen einzudunkeln. Wer
auf Sand oder Kies verzichten möchte, kann auch gut gewässerten
Fasertorf als Bodengrund nutzen. Hier ist die Substratoberfläche
wegen Futterresten etwa monatlich durch neuen Torf zu ersetzen.
Eine flach auf dem Boden gelegte Schieferplatte, in einem dunklen
Bereich des Aquariums, bietet für die Fische eine optimale
Ablaichfläche. Hier sind die Eier von den Tieren leichter zu
finden. Eine teilweise mit Schwimmpflanzen bedeckte
Aquarienoberfläche rundet das Bild ab.
Die Filterung sollte
groß dimensioniert werden, um die Wasserqualität möglichst stabil
zu halten. Ein wöchentlicher Wasserwechsel von 30-50% sorgt für
optimale Bedingungen. Die Temperatur sollte zwischen 25 °C und 29°
C liegen, wobei geringe Tag- und Nachtschwankung den natürlichen
Habitaten entsprechen.
Für die Wasserenthärtung ist eine Umkehrosmoseanlage oder eine
Vollentsalzung erforderlich. Wer hat schon entsprechendes
Leitungswasser in Deutschland? Der pH-Wert sollte zwischen 4,5 und
6,5 liegen, die Leitfähigkeit darf bis 100 µS/ccm³ betragen.
Sollen die Fische vorerst nicht gezüchtet werden, sind auch höhere
Werte geeignet. Allerdings klemmen meine roten Schokoladenguramis
die Schwanzflosse, wenn der pH-Wert über 7,5 steigt. In diesem
Fall tausche ich 50% des Aquariumwassers gegen entsalztes Wasser
aus.
Eine Vergesellschaftung mit anderen Fischarten ist durchaus
möglich. Bedingung ist jedoch, dass die Beifische gesund sind.
Hier eignen sich kleine Rasbora-Arten, Zwergprachtguramis
und alle anderen kleinen, nicht territorialen Fische, die aus
ähnlichen Habitaten stammen.
Noch
einmal möchte ich darauf hinweisen, dass das Aquariumwasser und
seine regelmäßige Pflege für die Haltung und Zucht der
Schokoladenguramis außerordentlich wichtig ist
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