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Michael Schlüter
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Phenacogrammus (Alestopetersius) smykalai POLL, 1967

(Aquaristik aktuell 11-12/2000)

Die Auswahl afrikanischer Salmlerarten im Zoofachhandel beschränkt sich hauptsächlich auf den Echten oder Blauen Kongosalmler, Phenacogrammus interruptus sowie ab und zu den Gelben Kongosalmler, Phenacogrammus caudalis. Sofern einmal andere Arten angeboten werden, ist die Determinierung nicht ganz einfach, da die afrikanischen Exporteure selten den wissenschaftlichen Namen angeben. Mittlerweile gibt es jedoch einige engagierte Importeure, die versuchen, die einzelnen Arten zu bestimmen.

Als ich im März 1997 Volker Bohnet besuchte, machte er mich bei der Firma Aqua Design auf ein Paar einer mir unbekannten Salmlerart aufmerksam, die als Beifänge mit Brycinus longipinnis aus Nigeria eingeführt worden waren. Dass es sich um ein Paar handelte war deutlich an der bei dem Männchen stark verlängerten Rückenflosse erkennbar. Beide Fische hatten eine Gesamtlänge von ca. 5 cm und verhielten sich relativ schreckhaft im Händlerbecken. Auch in dem für sie eingerichteten, stark bepflanzten Aquarium blieben die Fische recht scheu. Dieses Verhalten änderte sich etwas, als ich einen Schwarm kleiner Salmler, Axelrodia stigmatias mit ihnen vergesellschaftete. Anhand des Aquarien Atlas Band 4 konnte ich meine Salmler bestimmen. Es handelt sich um Phenacogrammus (Alestopetersius) smykalai POLL, 1967.

Phenacogrammus smykalai Maennchen

Phenacogrammus smykalai Männchen © 1999 Michael Schlüter

Die Gattung Alestopetersius  wurde 1959 von Hoedemann aufgestellt. Poll (1967) beschreibt Alestopetersius smykalai. Dort ist eine sehr gute Zeichnung von dieser Art abgebildet. Gery (1978) verweist in seinem Standardwerk auf die Gattungszugehörigkeit zu Hemigrammopetersius. Er führt die Gattung Alestopetersius in Anführungsstrichen. Diese zählt er zur Hemigrammopetersius caudalis - Gruppe, die insgesamt acht Arten enthält. Wahrscheinlich handelt es sich auch bei dem von Gery auf Seite 56 abgebildeten Fisch („unbestimmter afrikanischer Salmler“) von Klaus Paysan um ein Weibchen von Phenacogrammus (Alestopetersius) smykalai. Gery (1995) bemerkt, dass zwischen Hemigrammopetersius und Phenacogrammus keine Gattungsunterschiede definiert sind und führt Alestopetersius als Untergattung. Allerdings bezieht sich Gery hier lediglich auf Phenacogrammus hilgendorfi. In der Arbeit von Poll (1967) sind Gattungsunterschiede aufgelistet. Diese scheinen jedoch nicht ausreichend zu sein. Somit müsste die korrekte Bezeichnung Phenacogrammus smykalai POLL, 1967 sein. Der Fundort der Typen wird von Poll als Aba, unterer Niger, südliches Nigeria angegeben.

Die Färbung der Männchen ist stark lichtabhängig. Von oben beleuchtet sehen sie lediglich grau aus. Nur wenn ein Lichtstrahl auf den Körper fällt, ist die Prachtfärbung zu erkennen. Wird das Aquarium schräg vom vorderen Teil der Deckscheibe beleuchtet, schimmert der Rücken metallisch-blau. Die Afterflosse ist bei dominanten Tieren weiß gesäumt. Die Rückenflosse ist bei ausgewachsenen Männchen etwa 2,5 cm lang und zipfelig ausgezogen. Die Iris leuchtet rot. Mit dieser Farbe und Größe ist diese Art eine schöne Alternative zum Kongosalmler. Verstärkt wird die Leuchtfarbe des Männchens durch eine dunklere Wasserfarbe, zum Beispiel durch Torfzusätze. Die Weibchen sind einfarbig grau und haben auch in den Flossen kein Zeichnungsmuster oder farbige Flächen. Wie die Männchen haben sie einen schwarzen Fleck auf dem Schwanzflossenstiel.  Die Maximallänge von Alestopetersius smykalai beträgt etwa 6 cm.

Allgemein sind viele Salmler aus den westafrikanischen Staaten kühler zu halten, als ihre südamerikanischen Verwandten aus dem Amazonasgebiet. Daher stellte ich die Temperatur in dem Hälterungsbecken auf 24° C ein. Der Leitwert betrug ca. 50 µs/cm, PH-Wert 6,0 ohne nachweisbare Härte.

Ablaichbehälter

Ablaichbehälter für Phenacogrammus smykalai © 2000 Michael Schlüter

Direkt nach dem Einsetzen in das Aquarium zeigten beide Tiere einen weißen, milchigen Belag auf der Pupille. Dieses Phänomen konnte ich schon oft bei westafrikanischen Fischen, auch Angehörigen anderer Ordnungen, beobachten, wenn ich sie zur Zucht in ein weiches, saures Wasser umsetzte und die Umgewöhnung zu schnell vorgenommen habe. Der Belag war nach zwei Wochen nicht mehr zu sehen. Da diese Fische in einem Schwarm gepflegt werden sollten, war die Haltung eines Paares nicht gerade artgerecht. Dennoch konnte ich das Männchen, nachdem sich die Tiere eingewöhnt hatten, besonders in den frühen Morgenstunden beim Balzen beobachten. Ähnlich wie bei Phenacogrammus caudalis wurde das Weibchen mit abgespreizten Flossen vom Männchen umworben und in die nächstgelegene Laichwolle gedrängt. Eier konnte ich jedoch nicht entdecken. Ermutigt durch das Balzverhalten des Männchens und die Körperfülle des Weibchens setzte ich das Weibchen in ein gesondertes Zuchtaquarium ohne Bodengrund. Die Einrichtung bestand aus einem Laichrost sowie Javamoos und Javafarn. Drei Tage später kam das Männchen hinzu. Nachdem ich nach einer Woche keinerlei Balzaktivitäten sehen oder Eier finden konnte, gab ich entgegen meiner bisherigen Erfahrungen Futter in das Zuchtaquarium. Als nach zwei Monaten immer noch keine Eier zu finden waren, setzte ich das Paar zurück zu den Axelrodia in ihr ursprüngliches Hälterungsbecken, mit einem Volumen von 100 Liter Wasser. Erst nach mehreren Monaten  konnte ich dann erstmalig Eier finden. Die Anzahl war nicht gerade überwältigend. Insgesamt 9 Eier waren hauptsächlich in der Laichwolle zu finden, die ich getrennt durch grobes Fliegengitter auf einer kleinen Plastikschale befestigt  hatte. Trotz intensiven Suchens fand ich keine weiteren Eier. Nach einer Woche wurde jedoch erneut abgelaicht, diesmal zehn Eier. Innerhalb einer Stunde sind die Eier von ca. 1 mm auf ca. 2 mm aufgequollen. Trotz dieser Größe sind diese kaum zu erkennen, da sie glasklar sind. Nicht entwickelte Eier sind sehr einfach aufgrund ihrer weißen Färbung zu finden. Die Eier sind sehr leicht und schweben nur langsam zu Boden, wenn sie bewegt werden. Zur Inkubation sind kleine, schwach belüftete Behälter mit ein paar Erlenzäpfchen gut geeignet. Die Embryonalentwicklung ist sehr gut zu beobachten. Am zweiten Tag ist ein beigefarbiger Embryonalkern mit Larvenbildung zu erkennen.. Am dritten Tag bildet sich der Schwanz aus. Am vierten Tag ist der Körper gewachsen und am fünften Tag sind die Augen sowie die Maulspalte zu sehen. Die Larve liegt jetzt in einem Kreis an der Außenhülle der Eihüllen und schlüpft zwei Tage später. Mit einer Totallänge von 3-4 mm sind die Larven recht groß, haben jedoch eine kleine Maulspalte. Der Dottersack ist nach etwa 40-50 Stunden bei einer Temperatur von 24° C aufgebraucht. Als Erstfutter sind gereinigte Paramecien oder Rädertierchen geeignet. Artemianauplien sind zu groß. Für eine kleine Anzahl von Jungfischen bietet etwas Javamoos ausreichend Futter, um über die ersten ein bis zwei Tage zu kommen. Danach können Artemianauplien gefressen werden. Leider sind die Jungfische bei der weiteren Aufzucht nicht unproblematisch. Bei Temperaturveränderungen, Änderungen des Wasserchemismus oder einseitiger Ernährung mit Artemianauplien hatte ich hohe Verluste. Für eine Vergesellschaftung mit territorialen Arten eignet sich diese Art auch nicht, da sie kein Durchsetzungsvermögen hat. Aufgrund einer Urlaubsreise im November 1997 verlor ich alle Nachzuchttiere. Ein neuer Ansatz im März und April 1998 brachte jedoch wieder etwa 30 Jungfische, von denen ich lediglich acht Tiere aufziehen konnte. Im Sommer 1999 verstarb dann mein Wildfangpaar, vermutlich aufgrund zu hoher Temperaturen. Das Wasser im Hälterungsbecken hatte über drei Wochen eine Temperatur von 29° C und mehr. Die Tiere nahmen zu diesem Zeitpunkt kaum Futter auf und die Atemfrequenz nahm zu. Die Nachzuchten überlebten und hatten im Oktober 1999 ihre vermutliche Endgröße von 6 cm Länge erreicht und die Männchen imponierten untereinander. Es waren 5 Männchen und 3 Weibchen. Der Ansatz in dem gleichen Aquarium, in dem die Elterntiere gelaicht hatten, war erfolglos. Auch nach dem  Austausch der Anzahl und Individuen in mehreren Variationen konnte ich die Tiere nicht laichen sehen. Nach zwei Monaten setzte ich 2 Männchen und alle Weibchen in ein 200 Liter fassendes Aquarium. Eine Woche später konnte ich die Eier absammeln. Beim ersten Laichen konnte ich diesmal 60 finden. Seitdem laichen die Tiere zwei bis dreimal monatlich, abhängig vom Futter und der Wassertemperatur. Die Eizahl schwankt zwischen 20 und 30 Eiern. Bei einer Temperatur unter 22° C und über 26° C stellen die Tiere das Laichen ein.

Phenacogrammus smykalai Jungfisch

Phenacogrammus smykalai Jungfisch 2 Monate © 1999 Michael Schlüter

Im letzten Jahr wurden wiederholt von verschiedenen Importeuren Tiere dieser Art eingeführt. Hier wurde sie zusammen mit Phenacogrammus (Rhabdalestes) intermedius importiert, die sich für eine Vergesellschaftung nicht besonders eignen, da ihr Durchsetzungsvermögen größer ist. Nach meinen Erfahrungen kann ich zusammenfassend sagen, dass für die Haltung von Phenacogrammus smykalai keine besonderen Maßnahmen zu treffen sind. Die Mindestgröße des Aquariums sollte eine Kantenlänge von 80 cm haben, besser größer. Zu hohe Wassertemperaturen sollten vermieden werden. Für die Zucht sind größere Behälter und mehrere Tiere im Ansatz sinnvoller, da dann bereitwilliger gelaicht wird. Eine größere Anzahl von Eiern erhält man durch ein Gazegitter, dass über dem Bodengrund in das Aquarium gelegt wird. Auch Plastikgewebe sind gut geeignet. Es muss jedoch so dich sein, dass die Fische nicht durchschwimmen können und die Eier durchfallen. Für den Laichansatz sollte abwechslungsreich mit verschiedenen Insektenlarven und seltener Enchytraen oder Grindal gefüttert werden. Sonst sollte das Futter weniger Fett enthalten. Der PH-Wert sollte im leicht saueren Bereich liegen und der Leitwert 100 µs/cm nicht überschreiten. Auch für die Aufzucht sind abwechslungsreiches Lebendfutter und häufiger Wasserwechsel wichtig, damit aus den grauen Fischen blaue Saphire werden.

Literatur:

BAENSCH, H. A. & R. RIEHL, (1995): AQUARIEN ATLAS Bd. 4 (1.Aufl.) S. 22,23 MERGUS-Verlag GmbH, Melle.

GERY, J. (1978): Characoids of the world. T.F.H. Publications, Inc. Ltd., Neptune City, N.J.

GERY, J. (1995): Description of new or poorly known Alestinae (Teleostei): Characiformes: (Alestidae) from Africa, with a note on the generic concept in the Alestinae. Aqua, Journal of Ichthyology and Aquatic Biology. Vol.1 (4), July 1995.

MATTHES, H. (1964): Les Poissons du Lac Tumba et de la région D Ìkela. Résultats scientifiques d´une mission I .R.S.A.C. dans la Cuvette Centrale congolaise.

MAYLAND, H. J. (2000): Afrikanische Salmler Teil 1. Das Aquarium 4/00 Nr. 370, S.23.26.

MAYLAND, H. J. (2000): Afrikanische Salmler Teil 2. Das Aquarium 5/00 Nr. 371, S.10-14.

POLL, M. (1967): Révision des Characidae nains africains. Annales Musée Royal de L`Afrique Centrale, Nr. 162.



© 2000-2001 Michael Schlüter

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