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Michael Schlüter
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Hemiodontichthys acipenserinus, der maulbrütende Nasenharnischwels
 

Die Gattung Hemiodontichthys ist monotypisch, d.h. sie besteht nur aus einer Art. Sie wurde 1862 von Bleeker mit der Art H. acipenserinus beschrieben.

Aufgrund ihrer außergewöhnlichen Körperform sind Nasenharnischwelse leicht von allen anderen Gattungen der so genannten Sandharnischwelse zu unterscheiden. Lediglich die bisher nicht eingeführte, ebenfalls monotypische Gattung Reganella, mit der Art R. depressa weist Ähnlichkeiten zu Hemiodontichthys auf. Beide Arten haben eine stark verlängerte Schnauzenspitze, dass so genannte Rostrum. Während dieses bei Arten der Gattung Farlowella in der Regel lang und dünn ist, läuft es bei Hemiodontichthys und Reganella konisch zur verdickten Schnauzenspitze zu. Im Gegensatz zu Hemiodontichthys erinnert die Kopfform von Reganella an eine übergroße Planarie.
Hemiodonthychthys acipenserinus
Hemiodonthychthys acipenserinus Gruppe
 © 2003 Michael Schlüter

Hemiodontichthys acipenserinus ist über weite Teile Südamerikas, in Guyana, Bolivien, Peru und Brasilien verbreitet und konnte dort sowohl in Klarwasser- als auch in Schwarz- und Weißwasserflüssen nachgewiesen werden.
Tiere verschiedener Fundorte unterscheiden sich oft anhand ihres Zeichnungsmusters, der Färbung und der Größe. Die größten bisher gefangenen Exemplare maßen 15 cm.

Während einer Reise nach Brasilien, im Oktober 1997 konnten wir (Volker Bohnet, Hans-Georg Evers, Ingo Seidel und ich) diese Art im Rio Tefe nachweisen. Sie waren hier relativ häufig und kamen im Hauptfluss sowie seinen Zuflüssen, auf sandigen oder schlammigen Bodengrund vor. Die meisten Tiere konnten wir nachts auf den Sandbänken fangen. Dorthin kommen die Tiere um zu fressen. Tagsüber halten sie sich eher in den tieferen Bereichen auf.
Hemiodonthychthys acipenserinus
Hemiodonthychthys acipenserinus Portraet
 © 2003 Michael Schlüter

Für die Haltung in einem Aquarium sind einige grundsätzliche Gegebenheiten erforderlich: Der Bodengrund sollte aus feinem Sand bestehen, da sich die Tiere gerne eingraben. Für eine ausreichend große Fläche ist zu sorgen. Die Tiere werden im Aquarium in der Regel nicht größer als 9 cm, benötigen jedoch etwas Platz. Tagsüber verharren sie meistens regungslos, zur Hälfte eingegraben. Nachts werden sie aktiv und gehen auf Futtersuche. Dabei sind die Bewegungen äußerst langsam. Die Fische sehen dann aus, als würden sie über den Bodengrund kriechen. Um sich gegen Fressfeinde zu schützen, verlassen sie sich immer auf ihre Tarnung. Weiterhin sollten keine anderen Boden bewohnenden Fische in einem Nasenwelsaquarium gehalten werden. Aufgrund ihrer Langsamkeit bekommen sie sonst nicht ausreichend Futter. Bisher konnte ich nie innerartliche Aggressionen oder Balzverhalten beobachten. Das bedeutet auch, dass sie sich gegen andere Arten nicht behaupten können. Versteckplätze benötigen Nasenharnischwelse nicht. Im Gegenteil, Versteckplätze führen nur dazu, dass sie mit Ihrem Rostrum verfangen können und dann verenden. Das Rostrum hat kleine nach hinten gerichtete Zähne, so genannte Odontoden. Diese führen dazu, dass der Wels sich z.B. in der Filtermatte oder in Dekorationsgegenständen verhakt und nicht von alleine frei kommt.

Die Wasserwerte sind nicht relevant. Die Tiere können sowohl in weichem, saurem Wasser als auch in hartem, alkalischem Wasser gehalten und gezüchtet werden. Auch die Wassertemperatur ist nicht wichtig. Die Tiere können bei Temperaturen von 22 °C bis 30 °C gehalten werden, wobei das Optimum im Bereich von 24 °C – 28 °C liegt. Die Filterung oder Durchlüftung sollte im „normalen“ Bereich liegen und muss nicht, wie für viele ancistrine Harnischwelse überproportional sein. Dennoch ist für eine gute Wasserqualität zu sorgen. Eine kleine Mulmschicht sollte möglichst nicht entfernt werden. Als Beifische eignen sich alle freischwimmenden Arten, die gegenüber den Nasenharnischwelsen nicht aggressiv sind. Die Fütterung ist denkbar einfach und sollte mit vielen verschiedenen Nahrungsmitteln, wie Artemia, Cyclops, Wasserflöhen, Tabletten usw. erfolgen. Es reicht völlig aus, Nasenharnischwelse einmal täglich zu füttern. Die Fütterung kann kurz vor dem Erlöschen der Beleuchtung erfolgen. Sind am nächsten Morgen noch Futterreste sichtbar, sollten diese entfernt und zukünftig weniger gefüttert werden. Nach einer Eingewöhnungszeit kann die Fütterung etwas früher erfolgen, um die Nahrungsaufnahme zu beobachten. Beim Fressen lassen sich die Tiere Zeit und werden nie hektisch, wie andere Sandharnischwelse z.B. aus der Gattung Pseudohemiodon.
Hemiodonthychthys acipenserinus
Hemiodonthychthys acipenserinus Maulbrutpflege
 © 2003 Michael Schlüter

Unter diesen Voraussetzungen werden sich die Nasenharnischwelse auch vermehren. Leider laichen sie nachts, so dass meines Wissens der Laichvorgang bisher nicht beobachtet wurde. Die Geschlechter sind relativ einfach zu unterscheiden. Das Männchen hat ein längeres Rostrum. Besonders von oben ist die rundere Körperform der Weibchen gut sichtbar. Während der Laichzeit vergrößern sich die Lippen der Männchen. Mit diesen wird der Laichballen umschlungen. Die Laichzeit scheint unabhängig von der Jahreszeit zu sein und dauert etwa 3-4 Monate. Nach einer mehrmonatigen Pause fangen die Tiere erneut an zu laichen. Meistens entdeckt man morgens ein Männchen mit Gelege. Dieses fällt besonders auf, weil der Kopf des Tieres durch die Eitraube zwischen den Lippen erhöht ist. Die Eier haben eine Größe von etwa 2,5 mm, sind leicht oval und bernsteinfarben. Die Anzahl der Eier beträgt zwischen 10 und 50. Durchschnittlich sind es bei Nachzuchtpaaren etwa 20 Eier, während Wildfänge eher mehr Eier legen. In einem größeren Aquarium mit kleinen, anderen Arten oder ohne Beifische lassen sich die Nasenharnischwelse im Daueransatz vermehren. Für eine gezielte Aufzucht sollte das Männchen in einen Extrabehälter, getrennt von den anderen Fischen umgesetzt werden. Die Brutzeit beträgt bei einer Wassertemperatur von 25 °C ca. 14-15 Tage. Daher setze ich das Männchen ca. am 12. Tag nach dem Laichen vorsichtig, unter Wasser in ein Einhängeaquarium um.
Hemiodonthychthys acipenserinus
Hemiodonthychthys acipenserinus Maulbrutpflege
 © 2003 Michael Schlüter

Dieses ist wie ein kleines Aquarium gebaut und wird in das Zuchtaquarium eingehängt. Eine Schaumstofffiltermatte ist durch eine Glasscheibe von dem Behälter getrennt. Durch die Glasscheibe ist ein Loch gebohrt. Durch dieses Loch wird der Auslauf eines Lufthebers gesteckt. In dem Luftheber ist ein Sprudelstein, der mit einer Membranpumpe betrieben wird. Der Luftheber befindet sich zwischen Filtermatte und der Trennscheibe. Das Wasser wird mit Luft durch die Filtermatte in den Behälter gepumpt. An der Seitenwand des Behälters wird Gaze befestigt, wodurch das Wasser zurück in das Aquarium fließt. Die Gaze wird so angebracht, dass beim Wasserwechsel etwa 1/3 Wasser in dem Behälter bleibt. Durch diese Methode ist eine gleich bleibende Wasserqualität gewährleistet. Sobald die Jungfische geschlüpft sind, setzte ich das Männchen zurück in das Aquarium. Nach dem Schlupf interessiert es sich nicht mehr für seine Jungfische. Jetzt ist es wichtig, das Männchen ausreichend zu füttern, damit es sich von der Fastenzeit erholen kann. Die Jungfische haben eine Größe von ca. einem Zentimeter und ähneln Jungfischen von Rineloricaria. Nach 3-4 Tagen ist der Dottersack aufgebraucht. Die Nachzuchten sollten jetzt gefüttert werden. Hierfür eignet sich eine Kombination aus Artemianauplien und hochwertigem, feinem Granulatfutter. Das Futter wird wie bei den großen Nasenharnischwelsen hauptsächlich nachts gefressen. Nach 2-3 Wochen füttere ich zusätzlich Cyclops und kleine Wasserflöhe. In dem oben genannten Einhängeaquarium bleiben die Nachzuchten, bis sie eine Größe von 3-4 cm nach 3 Monaten erreicht haben. Dann setzte ich sie in ein anderes Aquarium um. Nach etwa einem halben Jahr haben die Nachzuchten eine Länge von 6-7 cm erreicht. Nach weiteren 2 Monaten sind sie geschlechtsreif.

Literatur:

Evers, H-G. und I. Seidel (1996): Maulbrütende Harnischwelse. BSSW-Spezial, Sonderheft des BSSW-Report
Evers, H-G. und I. Seidel (2002): Mergus Wels Atlas Band 1: 499-505
Isbrücker, I.J.H. und H. Nijssen (1974): Hemiodontichthys avipenserinus and reganella depressa, two remarkable mailed catfishes from South America. Beaufortia, 22 (294): 193-222


© 2007 Michael Schlüter

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