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Michael Schlüter
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(Aquaristik Fachmagazin & Aquarium Heute Nr. 168, 12.2002/01.2003, Jahrgang 34(6) S.35-37
 

Betta uberis 

Der zauberhafte Kampffisch Betta uberis wird leider sehr selten im Handel angeboten. Während andere Arten der kleinen, roten Kampffische, etwa Betta tussyae und Betta coccina auch über den engagierten Zoofachhändler zeitweilig erhältlich sind, ist Betta uberis fast ausschließlich über private Kontakte zu bekommen. Dies liegt hauptsächlich an den wenig zugänglichen Verbreitungsgebieten, aus dem bisher kaum kommerzielle Importe nach Deutschland erfolgten. Um die Fische zu erhalten, sollte sich der interessierte Leser an die Internationale Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL) wenden. Dort wird diese Art neben anderen von mehreren Mitgliedern gepflegt und gezüchtet.

Es gibt bisher zwei gesicherte, unterschiedliche Populationen. Der erste Fundort liegt auf der östlich Indonesien vorgelagerten Insel Bangka (= Betta burdigala), der zweite bei Kubu, Sarawak, im nordwestlichen Teil der Insel Borneo. Beide Fundortpopulationen unterscheiden sich durch die unterschiedliche Anzahl der Rückenflossenstrahlen. Weitere sehr nahe Verwandte oder Fundortpopulationen sind Betta spec. aus Sukadana in West Kalimantan und Betta spec. von Pankalanbun (= Betta uberis) in Zentral Kalimantan.Sofern es sich hier nur um Fundortvarianten handelt, ist das Verbreitungsgebiet dieser Art weitaus größer als bisher angenommen und mit weiteren Fundorten zu rechnen.
Betta burdigala Männchen Betta burdigala Männchen
Betta uberis Männchen © 2002 Michael Schlüter                
    Betta uberis Männchen © 2002 Michael Schlüter

Die lang gestreckte Rückenflosse dieser Art ist ein einfaches Unterscheidungsmerkmal zu anderen Arten. Sie ist mit einer Breite von mehr als einem Drittel der Körperlänge außergewöhnlich und erinnert an die Rückenflosse von Malpulutta kretseri, allerdings ohne das lange Flossenfilament dieser Art. 

Die so genannten weinroten Kampffische sind am Besten in einem Artaquarium zu halten. Aufgrund ihrer Herkunft benötigen sich weiches, saures Wasser mit Temperaturen um 24 °C. Gut geeignet sind Aquarien mit dunklem Bodengrund und schwacher Beleuchtung. Mit etwas Eichen oder Buchenlaub kommt die Färbung besonders gut zur Geltung und die Tiere können sich zurückziehen. Untereinander sind diese Kampffische sehr aggressiv, was an den oftmals beschädigten Flossen oder fehlenden Schuppen zu sehen ist. Bei Auseinandersetzungen werden die Kiemendeckel abgespreizt und die Brustflossen stark bewegt. Die Flossen werden aufgestellt und die Kontrahenten imponieren parallel oder antiparallel. Dann folgen Angriffe auf die Flossen oder den Körper. Ist die Rangordnung geklärt, erfolgen die Angriffe auch ohne vorheriges Imponieren oder Drohen. Aber auch dann werden dominante Tiere von unterlegenen attackiert. Die fehlenden Schuppen oder eingerissene Flossen sind jedoch nur lebensbedrohend, wenn das Wasser eine schlechte Qualität hat. Dann können sich die Stellen entzünden oder/und es kommt zu Pilzinfektionen. Bei wöchentlichem Wasserwechsel mit Wasser entsprechenden Werten stellen die Beschädigungen keine Gefahr für die Fische dar. Abgebissene oder beschädigte Flossen wachsen schnell nach. Andere Fischarten werden nur attackiert, wenn das Männchen ein Nest bewacht und es sich um ähnliche Arten handelt.
 

Wer vorhat diese schönen Kampffische zu pflegen sollte sich über die Grundvoraussetzungen im Klaren sein. Hierzu gehört neben aufbereitetem Wasser und regelmäßigen Wasserwechsel auch die abwechslungsreiche Fütterung mit Lebendfutter. Da man mit dem Erwerb dieser Tiere auch eine gewisse Verantwortung für die Erhaltung der Art übernimmt, sollten Zuchtambitionen vorhanden sein. Die Zucht ist unter Berücksichtigung der o.g. Bedingungen nicht besonders schwierig.

Betta burdigala Männchen Betta burdigala Männchen
Betta uberis Männchen © 2002 Michael Schlüter                     Betta uberis Männchen © 2002 Michael Schlüter

Eine einfache und effektive Zuchtmethode ist bei dieser Art, die Nachzuchten zusammen mit den Elterntieren aufzuziehen. Hierfür ist sehr gut ein Aquarium mit möglichst großer Grundfläche und geringem Wasserstand geeignet. Die Geschlechter können zur besseren Laichausbeute vor dem Ansatz getrennt werden. Wichtig ist bei Betta uberis besonders, dass die Fische etwa gleichgroß sind. Auf keinen Fall darf das Weibchen stärker als das Männchen sein. Dann kommt es nicht zum Ablaichen und das Männchen wird von dem Weibchen ständig gejagt. Das Zuchtaquarium sollte einen PH-Wert von 4,0 –5,5 und einen geringen Härtegrad haben. Die elektrische Leitfähigkeit sollte bis ca. 100 µ/S ccm³ betragen und die Temperatur auf etwa 24 °C eingestellt werden.  Mehrere Höhlen, Laub und eine dichte Bepflanzung nehmen dem Zuchtpaar die Scheu und schützen das Weibchen vor dem Männchen. Schwimmpflanzen oder Kork sind erforderlich, damit das Männchen sein Nest darunter bauen kann. Da die weißen Eier je nach Stärke und Untergrund des Schaumnestes und den vorhandenen Wasserwerten manchmal absinken, ist ein flächiger, dunkler Boden unter dem Nest vorteilhaft, z.B. eine Schieferplatte. Bei hellem Kiesboden findet das Männchen die herabgefallenen Eier nicht. Steht das Aquarium etwa eine Woche und ist an dem gerundeten Bauch des Weibchens der Laichansatz erkennbar, können die Zuchttiere eingesetzt werden. Nach der Erkundung der neuen Umgebung wird das Weibchen vom Männchen verjagt. Der Schaumnestbau beginnt meistens bereits am zweiten oder dritten Tag nach dem Einsetzen.. Daran hat auch das Weibchen Interesse und sucht jetzt die Nähe des Männchens. Sofern das Weibchen bereits laichbereit ist, schwimmt es mit schlängelnden Körperbewegungen zum Nest des Männchens. Sofern das Männchen das Nest noch nicht fertig gestellt hat, wird das Weibchen unsanft vertrieben. Erst wenn das Schaumnest fertig ist, wird das Weibchen nicht mehr verjagt. Nach Vollendung des Nestbaus kommt es zu ersten Scheinpaarungen, die dem Paar helfen, den Bewegungsablauf zu synchronisieren. Das Weibchen schwimmt hierbei auf das Männchen zu und wird von diesem seitlich umschlungen. Dabei liegt das Weibchen rückwärts in der Umkreisung des Männchens. Die Geschlechtsöffnungen sind jetzt nur wenige Millimeter voneinander entfernt. Nach mehreren Scheinpaarungen kommt es zur eigentlichen Paarung. Das Weibchen gibt einige Eier ab, während diese vom Männchen besamt werden. Das Laichen kann mehrere Stunden dauern. Durchschnittlich werden etwa 80 Eier abgegeben. Die Larven schlüpfen temperaturbedingt nach ca. zwei Tagen und schwimmen nach weiteren vier Tagen frei.

Betta burdigala Weibchen Betta burdigala Weibchen
Betta uberis Weibchen © 2002 Michael Schlüter                     Betta uberis Weibchen © 2002 Michael Schlüter

Nach dem Laichen übernimmt das Weibchen die Revierverteidigung und verjagt auch größere Fische, die sich dem Nestbereich nähern. Wird das Männchen erschreckt, nimmt es die Eier oder Larven  in das Maul und transportiert diese zu einem anderen Versteck. Vielleicht handelt es sich hierbei um eine rudimentäre Form der Maulbrutpflege. Kürzlich ist eine Form von Betta brownorum bekannt geworden, bei der das Männchen die Eier sogar bis nach dem Schlupf der Larven ca. vier Tage im Maul behält. Sofern genügend Pflanzen im Aquarium vorhanden sind, finden die Jungfische den ersten Tag ausreichend Futter. Ab dem zweiten Tag sind sie bereits in der Lage, kleinste, frischgeschlüpfte Artemianauplien zu fressen. Oft kommt es jetzt bereits zum erneuten Laichen des Paares, so dass innerhalb kurzer Zeit viele Jungfische das Aquarium bevölkern. Da die älteren Jungfische die jüngeren fressen, überleben bei mir in einem 50 Liter fassenden Aquarium ca. 50 Jungfische pro Laichperiode. Nach mehrfachem Laichen folgt in der Regel eine längere Unterbrechung von durchschnittlich 6-8 Wochen, bis es zu weiteren Paarungen kommt.

Um diese Art gezielt zu vermehren, ist es vorteilhaft, die Larven kurz vor dem Freischwimmen, ca. am 5. Tag nach dem Laichen umzusetzen. Dies ist allerdings nur bei den ersten Bruten sinnvoll, da kaum ein Aquarianer 400 Jungtiere dieser Art aufziehen kann. Bei abwechslungsreicher Fütterung sind die Nachzuchten nach etwa fünf Monaten fortpflanzungsfähig. Bei zu hohen Aufzuchttemperaturen hatte ich meistens sehr viele Männchen und nur wenige Weibchen erhalten. Dies ist sicher auch von anderen Faktoren abhängig, bei meinen Ausgangswerten kann ich jedoch über die Temperatur ungefähr das gewünschte Geschlechterverhältnis steuern.

Eine Aquarium mit fast ausgewachsenen Nachzuchten, die ständig imponieren und dabei ihre schönsten Farben zeigen ist ein wunderschöner Anblick. Es gibt sicher nur wenige Aquarianer die hier nicht den Wunsch haben, diese schöne Art selber zu züchten. Sie sollten es versuchen!

 

Literatur:

HALLMANN, M.. (2001): Die neue Betta brownorum-Form ist ein Maulbrutpfleger, Der Makropode 23, 11/12 S. 192-195

 

 


© 2002-2007 Michael Schlüter                            

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