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Michael Schlüter
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Apistogramma cf. pertensis aus dem Gebiet der Anavilhanas
(Aquaristik Aktuell 1-2/01 S. 18-22)

 

Während einer Brasilien-Reise im Dezember 1999/Januar 2000 konnte ich mit Hans G. Evers mehrere Biotope des Rio Negro im Bereich der Anavilhanas befischen. Bei den Anavilhanas handelt es sich um eine Inselgruppe, die  etwa 50 km nordwestlich von Manaus beginnt. An einigen Stellen des Anavilhanas-Archipels ist der Rio Negro fast 30 km breit. Aufgrund der großen Anzahl der Inseln verliert man schnell die Orientierung. Daher ist es für genaue Biotopangaben wichtig, ein Satelliten-Ortungs-System (GPS) mitzuführen.

Die Inseln sind aus den  Sedimenten des Rio Branco, der etwas oberhalb des Anavilhanas-Archipels in den Rio Negro mündet, aufgeschwemmt worden. Aufgrund vieler verschiedenartiger Lebensräume sind die Anavilhanas sehr artenreich. Obwohl das Schwarzwasser des Rio Negro nährstoffarm ist, scheinen die einzelnen Arten ausreichend ökologische Nischen gefunden zu haben. Fischnährtiere konnten wir hier lediglich Garnelen finden. Neben Fischen selbst scheinen sie die einzig fleischliche Nahrung zu sein, die wir in größerer Anzahl fangen konnten. In das Wasser gefallene, landbewohnende Insekten scheinen nicht zum Nahrungsspektrum der Apistogramma zu gehören, da diese an die bodenorientierte Lebensweise angepasst sind.  Allerdings haben wir keine Magenuntersuchungen vorgenommen. Wir waren erstaunt, an dem ersten Biotop hauptsächlich viele Jungfische verschiedener Arten feststellen zu können. Als Fanggeräte hatten wir nur faltbare Rahmennetze. Mit diesen waren wir lediglich in der Lage, kleine bis mittlere, nicht zu schnell schwimmende Fische zu fangen. Der Biotop lag an einer Bucht einer unbestimmten Insel, ca. 130 km von Manaus entfernt.  Die Koordinaten: 2°52.44S/6°41.98, 4 Satelliten.

Uferzone mit ueberschwemmter Grasvegetation

Rio Negro - Uferzone mit überschwemmter Grasvegetation © 2000 Michael Schlüter

Eine Uferwand war nur schwach ansteigend. Die Wassertiefe zwei Meter vom Ufer entfernt lag bei 80 cm, Temperatur an der Oberfläche 29 °C um 12.30 Uhr, pH-Wert 5,7, elektrische Leitfähigkeit 13 µS/cm. Im Wasser waren viele Stauden einer Grasart, die normalerweise emers wächst. In Brasilien nennt man es Caipin. Ein Überschwemmungsgebiet als natürliche Aufzuchtstation. Hier konnten wir neben Apistogramma cf. pertensis zwischen den einzelnen Grashalmen Taeniacara candidi Jungfische,  zwei unbekannte, weißweinfarbige Salmler, Nannostomus unitaeniatus, eques und diagrammus, Copella nattereri, einen Acanthodoras cataphractus, Jungfische einer Geophagus Art (Satanoperca-Typ) und einen Biotodoma Jungfisch fangen. Auch Microphilipnus spec. bewegten sich langsam über den Gewässergrund. Leider ist diese kleine Grundel  sehr empfindlich, so dass die meisten Tiere bereits kurz nach dem Einsetzen in den Auffangbehälter sterben. Die nur 2,5 cm großen Fische lassen sich besser am Leben erhalten, wenn sie nicht aus dem Wasser genommen werden. Während der Reise sind sie unbedingt zu füttern. Gleiches gilt für Fluviphylax spec., die wir an der Wasseroberfläche in kleinen Schwärmen am Uferrand sahen und fangen konnten. An der anderen Uferseite lagen einige Äste eines umgestürzten, zwei Meter hohen Baumes im Wasser. Hier konnten wir Rineloricaria melini fangen. Mit ihrer hübschen Fleckenzeichnung ist diese Art sicher eine Bereicherung für die Aquaristik. Diese Art ist auch bereits von Volker Bohnet gezüchtet worden.

Uferbereich des A. pertensis-Biotops aus der Naehe

Rio Negro - Uferbereich des Biotops aus der Nähe © 2000 Michael Schlüter

Die Apistogramma cf. pertensis hielten sich hauptsächlich zwischen dem Caipin am Bodengrund auf. Dort lagen einige verstreute Blätter, die zusätzlich Schutz vor Fressfeinden boten. Die Dichte der Apistogramma und Taeniacara Population war aufgrund unserer Fanggeräte nur schätzbar, mit etwa fünf Exemplaren auf einen Quadratmeter, bei einer Fläche von ca. 300 m² relativ niedrig. Es handelte sich ausschließlich um Jungfische und halbwüchsige Exemplare.

Etwa hundert Meter entfernt führte ein kleiner Seitenarm in den Wald, in dem Äste und umgestürzte Bäume lagen, der nur über Land erreichbar war. Dieser Biotop war mit Laub bedeckt und von Bäumen eingesäumt, so dass relativ wenig Licht im Gewässer vorhanden war. Hier lag die Wassertemperatur bei 26 °C, die Wasserwerte waren identisch mit dem erstgenannten Biotop. Die Fischfauna sah hier trotz der geringen Entfernung ganz anders aus. Neben einigen Nannostomus-Arten konnten wir hier Acestridium discus, Rivulus obscurus sowie wenige, adulte Apistogramma paucisquamis fangen.

Die Erstbeschreibung von Apistogramma pertensis erfolgte bereits 1911 von HASEMAN.

Vermutlich handelt es sich bei Apistogramma cf. pertensis um eine Fundortvariante (RÖMER 1998). Ich selbst habe Tiere, die dem Typus des „echten“ A. pertensis zuzuordnen sind, noch nicht gepflegt.  

Ich konnte acht Apistogramma cf. pertensis mit nach Hamburg bringen. Diesen waren durchschnittlich 2 cm lang. Bereits nach drei Monaten hatten die sechs Weibchen 3-4 cm Länge und die Männchen 6 cm Länge erreicht. In dem 200 Liter fassenden Aufzuchtaquarium hatte sich jetzt ein Paar gebildet und auch gelaicht. Die Wasserwerte waren für die Zucht nicht geeignet. Der pH-Wert lag bei 7, elektrische Leitfähigkeit 120 µS/cm. Die Eier haben sich daher nicht entwickelt und sind bereits nach einem Tag nicht mehr vorhanden gewesen.

Apistogramma cf. pertensis Paar

Apistogramma cf. pertensis Paar © 2000 Michael Schlüter

Das Paar habe ich darauf hin in ein kleines, dicht bepflanztes Zuchtaquarium gesetzt, Wasserwerte: pH-Wert 5,2, elektrische Leitfähigkeit 50 µS/cm, Temperatur 26 °C. Den feinen Sandboden habe ich mit Eichenlaub und Erlenzapfen bedeckt. Sofort nach dem Umsetzten vertrieb das Männchen das Weibchen, sobald es in sein Blickfeld kam. Einen Monat später hatte sich am Verhalten der Tiere nichts geändert. Das Weibchen sah schon etwas mitgenommen aus. Die Flossen waren leicht eingerissen, kleinere Flossenteile fehlten und auch einige Schuppen. Also setzte ich ein anderes Weibchen hinzu. Dieses war in dem Aufzuchtbecken sehr dominant und vertrieb auch das zweite Männchen. Zwei Tage später stand das Paar einträchtig an der Frontscheibe. Vermutlich habe ich bei meiner ersten Fangaktion nicht das im Aufzuchtaquarium laichende Weibchen gefangen.

Das verbliebende Weibchen konnte ich leider nicht fangen, ohne das Zuchtaquarium ausräumen zu müssen. Jetzt wurde es von beiden Tieren gejagt. Am dritten Tag stand das neu hinzugesetzte Weibchen mit 68 Eiern in einer halbierten Kokosnuss. Während das Männchen etwas entfernt von der Kokosnuss im freien Wasser, ziemlich zentral im Aquarium stand, wurden die Eier von dem Weibchen betreut. Aus allen Eiern sind Larven geschlüpft. Nach etwa 60 Stunden dauerte es acht Tage, bis der Dottersack aufgebraucht war und die Jungfische freischwammen. Sofort wurden die Blätter nach Nahrung abgesucht, während das Weibchen den kompakt stehenden Schwarm mit Flossenbewegungen und ruckartigem Schwimmen führte. Die Jungfische können gleich mit Artemia- und Cyclopsnauplien gefüttert werden. Nach einer weiteren Woche beteiligte sich auch das Männchen an der Brutpflege. Diese dauerte sechs Wochen, bis die Tiere erneut gelaicht haben und die Jungfische aus dem Revier vertrieben wurden. Mit einem Alter von drei Monaten sind die Nachzuchten bei mir 2,5-3,5 cm groß und bei den längsten Tieren sind bereits Männchen zu erkennen.

Apistogramma cf. pertensis Weibchen mit Jungfischen

Apistogramma cf. pertensis Weibchen mit Jungfischen © 2000 Michael Schlüter

Mit den entsprechenden Wasserwerten ist Apistogramma cf. pertensis ein relativ leicht zu haltender, trotz seiner schlanken Körperform auch robuster Zwergbuntbarsch. Die Färbung ist nicht besonders intensiv, dennoch finde ich diese Art aufgrund Ihrer Körperform sehr schön.

Literatur:

Mayland, H. J. (1988): Diskusfieber. Landbuch-Verlag GmbH, 1988

Römer, Dr. U. (1998): Mergus Cichliden Atlas Band 1, 1. deutschsprachige Aufl. Mergus Verlag GmbH, Melle


© 2000-2001 Michael Schlüter

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